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Kurdistan-Irak November - Dezember 2013

Innere Ruhe nach der Flucht

Notfallpädagogische Hilfe im kurdischen Flüchtlingslager Domiz

Die kriegerischen Zustände in Syrien stehen bereits seit einiger Zeit im Fokus der Notfallpädagogik. Das dort entstehende Leid und der Bedarf an psychosozialer Unterstützung sind immens, allerdings erlaubt die Sicherheitslage in Syrien nach wie vor keine Arbeit direkt vor Ort. Dennoch ist die Notfallpädagogik im Rahmen dieser Krise tätig. Nach einem Projekt mit syrischen Flüchtlingen in Beirut im Herbst diesen Jahres waren vom 30.11. – 13.12.2013 elf Notfallpädagogen[1] im Flüchtlingslager Domiz in Kurdistan-Irak tätig, um syrische Flüchtlingskinder bei der Verarbeitung ihrer Erlebnisse zu unterstützen und lokales Personal in Fragen der Notfall- und Traumapädagogik zu schulen.

Zufluchtsort

Im Flüchtlingslager Domiz herrscht eine sehr komplexe Situation. In ihm leben aktuell etwa 40.000 Menschen, größtenteils syrische Kurden, die wegen des Krieges ihr Land verlassen haben. Unter Ihnen sind jedoch auch irakische Kurden, die in den vergangenen Jahren in Syrien Zuflucht gesucht haben und nun wieder zurückkehren sowie zu einem kleinen Teil auch irakische Binnenflüchtlinge. Auch wenn der Zusammenhalt innerhalb der kurdischen Bevölkerung sehr eng ist, zeigt sich die Not doch an vielen Stellen. Äußerlich erkennbar ist sie beispielsweise in Form der Behausungen, in denen die Menschen in Domiz leben. Die inneren Folgen sind zwar nicht so offensichtlich, aber wenn die Menschen Vertrauen gefasst haben und in der Lage sind, sich zu öffnen und über ihre Erlebnisse zu reden, dann kann man sehr schnell erahnen, welches Grauen sie durchlebt haben und wie sehr es noch in ihnen nachlebt.

Für Kinder und Jugendliche gilt dies natürlich in besonderem Maße. Ihnen die dringend benötigte Unterstützung anzubieten, war das übergeordnete Ziel des Einsatzes. Schwerpunktmäßig wurde hierzu an zwei Schulen des Camps sowie in zwei Child Friendly Spaces mit unterschiedlichen Methoden gearbeitet sowie das lokale Personal mit den Grundlagen unserer Arbeit vertraut gemacht. Die angebotenen Hilfestellungen deckten eine reiche Bandbreite verschiedener Methoden ab, beispielswiese Formenzeichnen, Plastizieren, Eurythmie und Erlebnispädagogik. Diese Methoden waren zum Teil sehr neu in der dortigen Arbeit, fanden aber schnell das Interesse der Schüler und Lehrer.

Nachhaltigkeit gewähren

Auf den Einbezug der Lehrer in die notfall- und traumapädagogische Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen wurde ein besonderer Fokus gelegt, damit sie die Impulse dieses Einsatzes aufnehmen und in Zukunft weitertragen können. Dies führte so weit, dass einige von ihnen sogar in ihrer Freizeit an die Schule kamen, um an den Aktivitäten teilnehmen und neue Methoden kennenlernen zu können. Abgerundet wurde die Arbeit mit einem Seminar, zu dem alle Lehrer, Erzieher und Sozialarbeiter des Camps eingeladen waren. Dieses stieß ebenfalls auf reges Interesse, so dass insgesamt etwa 2100 Kinder und Jugendliche sowie ca. 100 Lehrer von dem Projekt profitieren konnten.

Freunde der Erziehungskunst werden „implementing partner“ von UNHCR

Dank des erfolgreichen Projektverlaufs wurde den Freunden der Erziehungskunst durch UNHCR eine Projektförderung für 2014 zugesagt, durch die ein langfristiges Engagement in der Region ermöglicht wird. Das Camp Gawilan liegt etwa zwei Autostunden von Domiz entfernt und befindet sich gerade im Aufbau. Wegen des ungebrochenen Flüchtlingszustroms werden dort in Kürze etwa 30.000 Menschen Zuflucht finden. Die Freunde der Erziehungskunst werden dort ein Kinderschutzzentrum mit traumapädagogischer Ausrichtung ab März kommenden Jahres aufbauen. Dieses Zentrum wird Platz für drei Gruppen verschiedener Altersklassen (Kindergartenalter, jüngere Schulkinder sowie Jugendliche) bieten. Hierzu wird ab März lokales Personal geschult und auf die Arbeit vorbereitet, damit sie dieses mittelfristig selbstständig führen können. Als Vorbild dient das notfallpädagogische Projekt im kenianischen Flüchtlingslager Kakuma, in dem ein solches Verfahren seit zwei Jahren erfolgreich umgesetzt wird.

Darüber hinaus werden die Freunde der Erziehungskunst auch den Aufbau einer Schule in dem Camp Gawilan begleiten und unterstützen. Das bedeutet konkret, dass alle Lehrer der Schule in traumapädagogischen Fragen und Methoden geschult werden und entsprechende Inhalte in den Lehrplan integriert werden. Das Ziel ist eine so genannte „Child Friendly School“, in der den besonderen Bedürfnissen der traumatisierten Kinder Rechnung getragen wird, so dass sie nicht schulische Lernerfolge erzielen, sondern in ihrer gesamten Entwicklung unterstützt werden.

Der Einsatz im Flüchtlingslager Domiz fand statt in enger Zusammenarbeit mit UNICEF, UNHCR und dem Bildungsministerium der Kurdischen Regierung. Finanziert wurde er durch Mittel von Aktion Deutschland Hilft, dem Bündnis deutscher Hilfsorganisation. Allen beteiligten Akteuren, mit denen eine rundum gute Zusammenarbeit gelang, gebührt unser herzlichster Dank!

Malte Landgraff

[1] An dem Einsatz teilgenommen haben: Bernd Ruf (Geschäftsführender Vorstand), Malte Landgraff (Teamleiter), Jorge Schaffer (Heilpädagoge), Moises Elosua (Erlebnispädagoge), Franziska König (Ärztin), Dimitri Vinogradov (Eurythmist), Julia Sommer (Kunsttherapeutin), Fiona Bay (Krankenschwester), Merle Marks (Waldorfpädagogin), Jule Meyer (Erzieherin) und Zoe Marie Besand (Erzieherin).

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